Freitag, 14. Juni 2013

Sommer Wein

Sommerwein. In der Rebsaft-Branche einer der breitgetretensten Begriffe übergaupt. Noch mehr als Kaminwein oder Spargelwein. Meistens spritzige, oft flache Weine mit wenig Alkohol, die in der Sommerzeit überall zu Dumping Preisen angeboten werden. Die meisten Konsumenten interessiert das nicht, Hauptsache eiskalt und rein. Doch was macht einen wirklich guten Sommerwein aus ? 

Welche Kriterien muss einer guter Sommerwein erfüllen ? Am wichtigsten sind für mich eine knackige, erfrischende Säure und guter Trinkfluss, denn der Wein sollte auch als Durstlöscher herhalten können. Super komplex und fordernd sollte er dabei nicht sein, doch sollte er auch nie langweilig wirken. Federleicht ist auch nicht zwingen nötig. Klar eine 15 Prozent Chardonnay Holzbombe aus Kalifornien will am Pool niemand trinken. Doch ein bisschen Substanz hilft dem Wein beim BBQ nicht gleich einzuknicken und seien wir ehrlich, die Sommer in unserem Land fallen doch eher nicht so heiß aus. 
Auch der Preis spielt natürlich eine Rolle, denn an einem warmen Sommerabend mit Freunden werden schnell mal ein paar Kisten vernichtet...bei mir zumindest. 

Eine Rebsorte die solche Weine hervor bringen kann ist die Scheurebe. Wenn sie vom Winzer ernst genommen wird, erbringt sie frische Weine mit exotischer Frucht und kann den Boden ins Glas transportieren. Ein wahrer Spezialist in Sachen Scheurebe ist das Weingut Pfeffingen in der Pfalz und das nicht nur im Restsüßen Bereich sondern auch im trockenen. Hier ist die Scheurebe hinter dem Riesling wichtigste Rebsorte und wächst neben ihm auf den besten Ungesteiner Lagen.  

Einer meiner Lieblings "Sommerweine" ist der 2011er Ungesteiner Scheurebe trocken von Pfeffingen. Aber ich trinke ihn auch im Herbst und im Winter...ach ja und im Frühling auch. Die Nase allein ist schon den Kauf wert: Kiwi, Limettenschale, Mandarine und Schulkreide. Am Gaumen mit gradliniger, pikanter Säure, extrem erfrischend dazu Aromen von Grapefruit und Stachelbeeren und grüne Noten die an gegrillte Piementos de Padron erinnern. Alles wird getragen von kalkiger Mineralität. Unglaublicher Trinkfluss. Den 2012er Jahrgang habe ich auch schon verkostet und da wird's noch frischer...

Alk: 13%
Preis: 10€
Punkte: 88/100





Donnerstag, 6. Juni 2013

Italians Best Bubbles: Francia Corta


Wir befinden uns im Jahre 2013 n. Chr. Ganz Italien ist von Prosecco besetzt... Ganz Italien? Nein! Eine von unbeugsamen Winzern bevölkerte DOCG hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten...

Ja schon klar, wenn man an Italien und Schaumwein denkt, kommt einem als erstes meist furchtbarer Prosecco in den Sinn. Aber aus Deutschland kommt ja auch nicht nur Rotkäppchen und Faber...
In der Lombardei, genauer in der Provinz Brescia wird seit einigen Jahrzehnten exzellenter Schaumwein nach der Champagner Methode hergestellt: Der Francia Corta. Auch die Rebsorten sind ähnlich dem des französischen Vorbildes, nämlich Pinot Noir, Chardonnay und Pinot Blanc. Die nahen Alpen sorgen für gemäßigtes Klima und steinige Böden. Das bildet den Grunstein für elegante, intensive Weine im Champagnerstil. 

Das hat auch die Wein-Imperiums Familie Antinori mitbekommen und dort das Weingut Montenisa gekauft und mit modernster Kellertechnik ausgestattet. Mit höchsten Qualitätsansprüchen werden hier charaktervolle und ausschließlich trockene Francia Corta hergestellt. Schon das Einstiegsmodel, der Montenisa Brut Non Vintage, liegt volle 30 Monate auf der Hefe. (Nur 18 Monate sind vorgeschrieben). Die Cuveé besteht Hauptsächlich aus Chardonnay und Weisburgunder, mit etwas Pinot Nero. Im Glas ergibt das eine schöne gelb-goldene Farbe. Beim ersten reinriechen eher streng, mit markanten Noten nach Wacholder und herbem Apfel, erinnert etwas an Gin. Doch mit etwas Luft wird der Wein weicher und öffnet sich deutlich. Noten von Pfirsich, Äpfeln und Sauerteig setzten sich am Gaumen fort. Die elegante Säure hält ihn schlank und verleiht ein frisches Finish. Sehr feines Perlage. Natürlich gibt es Champagner die mir besser geschmeckt haben, doch für den Preis muss man Rund um Reims lange suchen !

Alk: 12,5%
Preis: um 20€
Punkte: 88/100


Samstag, 1. Juni 2013

Keine Angst vor Restsüße. Bitte.

Das deutscher trockener Weißwein aus Riesling, Sylvaner, Grauburgunder und Co. zur Weltspitze gehört und sich in der Heimat großer Beliebtheit erfreut ist bekannt. Grade im unteren bis mittleren Preisbereich schaffen es die deutschen Winzer frische, schlanke bis üppige Weißweine in sehr hoher Qualität auf die Flasche zu bringen. Vom soliden Altagswein bis zum großen Gewächs. Doch bei aller Euphorie fürs trockene, wird häufig vergessen was deutschen Wein weltberühmt gemacht hat: Restsüßer Wein, allenvorran Riesling, vom Kabinett bis zur Trockenbeerenauslese ! Für Briten und Amerikaner zum Beispiel, ist dies schon lange der Inbegriff für deutschen Wein. Dort haben die Menschen scheinbar keine "Angst" vor Restsüße, sondern importieren jährlich Millionen von Flaschen von Rhein und Mosel. Hier zu Lande scheint es fast eine gesellschaftliche Konvention zu sein trockenen Wein zu trinken,  obwohl viele fasziniert sind, vom Süß-Säure Spiel und der intensiven Aromatik restsüßer Weine dies aber scheinbar nicht zugeben wollen. Dabei können gute fruchtsüße Prädikatsweine so viel: Wenn trockene Weine als Essensbegleiter für scharfe Speisen aufgeben müssen, kann z.B. eine Spätlese eine pikantes Curry oder Wokgericht in ungeahnte Sphären heben. Und das bei sehr moderatem Alkohol Gehalt bei häufig unter 10%. Dazu kommt noch ein enormes Alterungpotential. So kann der Wein, je nach Zuckergehalt, mehrere Dekaden lang Aromen von Honig, Karamell oder getrockneten Früchte dazu entwickeln. 

Das bekannteste Anbaugebiet für Restsüßen Riesling ist sicher die Mosel. Bei kühlen Nächten und warmen Tagen, können die Trauben hier auf wärmespeichernden Schiefersteilhängen hohe Zuckerwerte erreichen, aber auch die so wichtige Säure entwickeln, welche die Süße ausbalanciert und diesen Wein unnachahmlich macht.

Eine Gemeinde an der Mosel, welche über Top Lagen verfügt und Spitzenweingüter beherbergt ist Graach. Und genau daher kommen drei Weine die mir zuletzt viel Freude bereitet haben. Die ersten beiden kommen vom VDP Weingut Willi Schäfer. Beide Weine sind Kabinett Rieslinge aus dem Jahr 2002, haben also schon über 10 Jahre auf dem Buckel. Der erste stammt aus der Lage Graacher Himmelreich und duftet nach Aprikosen, Honig und Ananas. Am Gaumen üppig, mit saftiger Süße und Exotischen Noten von Mango und wieder Reife Ananas. Dezenter Schieferton. Macht richtig Spass.
Die Reben des zweiten Weines stehen in der Lage Graacher Domprobst, welche quasi das Filetstück des Himmelreiches bildet. Hier gibt es sehr alte, teilweise wurzelechte Rieslingstöcke. Dieser Kabinett riecht nach Pfirsich, Aprikose und Apfel. Im Mund deutlich schlanker als sein Vorgänger, frischer, jugendlicher mit kräftiger Mineralität und gradliniger Säure. Unglaublich vielschichtig und komplex. Man möchte nicht aufhören zu trinken...

Der Letzte Wein stammt vom Weingut Phillips Eckstein, ein 3,5 Hektar kleines Weingut in Graach-Schäferei, von sehr alten Rieslingreben, wieder aus der Lage Domprobst. Doch diesmal eine 2006er Auslese***. Diesem Wein stellte ich eine Variation von Erdbeeren & Waldmeister an die Seite und das passte. In der Nase eher dezent nach nassen Steinen und gelbem Steinobst. Doch am Gaumen explodiert der Wein förmlich: frisch und saftig, viel salzige Mineralik, extremer Trinkfluss. Aromen von Zitrusfrüchten und Pfirsich. Wahnsinns Säure, welche die 121g Restzucker perfekt puffern. Langes, kühles, minziges Finish. 

Also wer sowas erleben möchte: Keine Angst vor Restsüße !

Willi Schäfer Riesling Kabinett 2002 Graacher Himmelreich
Alk: 8%
Preis: unter 10 € (damals)
Punkte: 89/100

Willi Schäfer Riesling Kabinett 2002 Graacher Domprobst 
Alk: 8%
Preis: unter 10 € (damals)
Punkte: 91/100

Phillips Eckstein Riesling Auslese*** 2006 "Alte Reben" Graacher Domprobst 
Alk: 9%
Preis: 22€
Punkte: 92/100